Vierzehn: "Mit dem Baby in der Schule" © Farbfilm

Eltern werden ist nicht schwer, Eltern sein dagegen sehr.

Der GJW Filmtipp (Foto: © Farbfilm)

Vielleicht liegt es an der Jahreszeit und den sogenannten Frühlingsgefühlen, dass das Thema Elternschaft uns zur Zeit im Kino besonders häufig begegnet. Mal dokumentarisch, mal dramatisch, mal märchenhaft setzen sich gleich drei Filme mit der Frage auseinander, was es eigentlich bedeutet, gute Eltern zu sein.  

Vierzehn
In ihrem Dokumentarfilm „Vierzehn“ widmet sich Regisseurin Cornelia Grünberg dem Thema Teenager-Schwangerschaften. Die vier Protagonistinnen werden gleichermaßen von ihrer Mutterschaft überrascht, befinden sich jedoch in sehr unterschiedlichen Lebenssituationen. Der Film begleitet sie nicht nur während ihrer Schwangerschaft und dokumentiert ihre Ängste und Unsicherheiten in Anbetracht der besonderen Umstände, sondern zeigt auch, wie die Mädchen nach der Geburt ihrer Mutterrolle gerecht werden. Cornelia Grünberg gelingt es dabei, ihren Protagonistinnen sehr nahe zu kommen, und gibt somit einen sehr authentischen Einblick in das Leben der vier jungen Mütter. Dabei ist ihr Film durch eine dynamische Erzählstruktur und poppige Musikuntermalung klar auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten.
„Vierzehn“ ist jedoch kein ganz unproblematischer Film. In ihrem Bestreben, den betroffenen Mädchen mit größtmöglicher Offenheit zu begegnen und keine Urteile zu fällen, kommen die Schattenseiten ihrer Situation manchmal ein wenig zu kurz. Nicht zuletzt ist natürlich keines der Mädchen verheiratet, nicht alle befinden sich in einer stabilen Beziehung. Auch wenn „Vierzehn“ also für ein jugendliches Publikum geeignet ist, empfiehlt es sich, den Film durch eine thematische Vor- und Nachbereitung in einen größeren Kontext zu stellen: Was bedeutet Mutterschaft/Vaterschaft für mich, meine Familie und natürlich vor allem für mein Kind? Wann sind wir reif für eine solche Entscheidung?

KINOSTART: 23. Mai 2013


Mutter und Sohn

Statt junger Mütter geht es in dem Berlinale Gewinner-Film „Mutter und Sohn“ um das Verhältnis der reifen Cornelia (Luminita Gheorghiu) zu ihrem erwachsenen Sohn Barbu (Bogdan Dumitrache). In ihrem Kontrollbedürfnis schießt die Mutter aus der rumänischen Oberschicht regemäßig über das Ziel hinaus. Als Barbu bei einem Autounfall einen kleinen Jungen überfährt, ist sie diejenige, die die Dinge in die Hand nimmt. Doch ausgerechnet jetzt beginnt Barbu zu erkennen, dass es Zeit ist, sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. „Mutter und Sohn“ handelt vor allem von dem schwierigen Ablösungsprozess erwachsener Kinder von den Eltern, wirft aber ebenso moralische Fragen auf. Cornelia scheut selbst vor Bestechung nicht zurück, um ihren Sohn in Schutz zunehmen. Macht sie das zu einer guten oder zu einer schlechten Mutter?
Regisseur Calin Peter Netzer inszeniert seinen Film mit großer Ruhe. Es geht ihm weniger darum, eine Geschichte zu erzählen, als komplexe und glaubwürdige Figuren zu entwerfen, mit denen der Zuschauer sich identifizieren kann. So gelingt es ihm, die inneren Konflikte von Cornelia und Barbu für das Publikum erfahrbar zu machen, ohne seine Figuren zu verurteilen. Wir sollen hier unsere eigene Position zu Schuld und Verantwortung finden. Wenn auch filmisch gelungen, stellt „Mutter und Sohn“ durch seine langsame und insgesamt eher unspektakuläre Erzählung durchaus eine Herausforderung dar und eignet sich daher weniger für Teenager als für junge Erwachsene.  

KINOSTART: 23. Mai 2013


Das wundersame Leben von Timothy Green

Eine märchenhafte Annäherung an das Thema Elternschaft wählt „Das wundersame Leben von Timothy Green“. Cindy (Jennifer Garner) und Jim (Joel Edgerton) wünschen sich sehnlichst ein Kind. Doch nachdem sie alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft haben, müssen sie akzeptieren, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen wird. Um von ihrem Traum Abschied zu nehmen, begraben sie ihn wortwörtlich im Garten: Kleine Notizzettel, die den Charakter ihres „perfekten“ Kindes beschreiben, werden im Gemüsebeet verscharrt. Doch in der Nacht geschieht ein Wunder und plötzlich steht da ein verdreckter Junge, an dessen Beinen kleine grüne Blätter wachsen. Cindy und Jim sind überglücklich und geben alles, um für Timothy gute Eltern zu sein. In ihrem unermüdlichen Bestreben, alles „perfekt“ zu machen, bemerken die beiden gar nicht, dass die Blätter an Timothys Beinen zu welken beginnen ...
Was heißt es eigentlich, eine „perfekte“ Mutter oder ein „perfekter“ Vater zu sein? Und was soll eigentlich ein perfektes Kind sein? „Das wundersame Leben von Timothy Green“ wirft die Frage auf, inwiefern wir uns mit unserem Streben nach Perfektion selbst im Weg stehen. Zwischen den Familien in der Geschichte herrscht ein ewiger Wettbewerb - Unser Kind spricht drei Sprachen! Unseres spielt 3 Instrumente! - hinter dem eigentlich nur das Bestreben steckt, die eigenen Qualitäten als Eltern zu betonen. Die Moral der Geschichte ist letztendlich natürlich die, dass die Liebe das größte Geschenk ist, das Eltern ihrem Kind machen können. Leider ist „Das wundersame Leben von Timothy Green“ etwas zu rührselig geraten, kann mit seiner liebevollen Erzählung jedoch durchaus kleine und große Zuschauer ab 8 Jahren verzaubern.

KINOSTART: 6. Juni 2013

Sophie Charlotte Rieger (www.filmosophie.com)