Der GJW-Filmtipp im November: Und wenn alles anders wäre?

Das Leben nimmt manchmal sehr unerwartete Wendungen und stellt uns vor große Herausforderungen. Wie nicht nur junge Menschen, sondern auch Gottes Tochter damit umgehen, verrät der GJW-Filmtipp im November:

Ich und Earl und das Mädchen
Greg ist ein Einzelgänger und stets darum bemüht, sich möglichst in keinerlei Beziehung zu verstricken. Zumindest wenn man von seiner quasi beruflichen Beziehung zu Earl absieht, mit dem er seit Jahren gemeinsam Filme dreht. Doch dann passiert etwas Unerwartetes: Schulkameradin Rachel erkrankt an Leukämie und wird Gregs beste Freundin. Und das beides gleichzeitig! Was nun?
„Ich und Earl und das Mädchen“ erzählt im tragikomischen Stil des US-amerikanischen Independentkinos eine Geschichte vom Erwachsenwerden, zu der in diesem Fall auch die Auseinandersetzung mit dem Tod gehört. Um seinen Platz im Leben zu finden, muss Greg sich erst einmal der eigenen Ängste bewusst werden. Dabei ist seine Maske des stets unverbindlich freundlichen Klassenclowns sicher vielen Jugendlichen bekannt. Neben diesem klassischen Coming of Age Plot thematisiert „Ich und Earl und das Mädchen“ die Themen Freundschaft und Krankheit. Wie können wir kranke oder gar sterbende Freundinnen und Freunde unterstützen? Welche Ängste haben wir selbst dabei und wie können wir ihnen begegnen?
Die größtenteils beschwingte, temporeiche Inszenierung erleichtert die Auseinandersetzung mit diesen ernsten Themen und macht den Film überdies auch einem jungen Publikum ab etwa zehn Jahren leicht zugänglich.

Kinostart: 19. November 2015
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4 Könige
Auch in „4 Könige“ geht es um das Thema Krankheit, jedoch nicht um die des Körpers, sondern um die der Seele. Vier Jugendliche landen ausgerechnet an Weihnachten in der Psychiatrie. Ausgerechnet? Nein, denn eigentlich ist es gerade das Weihnachtsfest, der Zwang zu oder die Sehnsucht nach Harmonie und einer heilen Familie, das ihre individuellen Traumata intensiviert. Ihre Aufgabe für die Feiertage: Einander von ihren positiven Weihnachtserinnerungen berichten. Gar nicht so einfach.
„4 Könige“ ist im Gegensatz zu „Ich und Earl und das Mädchen“ klar als Drama inszeniert, das jedoch immer wieder kleine zärtliche Momente des Schmunzelns bietet. Doch Regisseurin Theresa von Eltz verharmlost die Situation ihrer Figuren niemals und verleiht stattdessen tiefe Einblicke in die Psychologie der Mädchen und Jungen. Insbesondere die Geschichte des gewaltbereiten Timo, sein verzweifelter Kampf gegen sich selbst, geht ans Herz. Auf Grund der Schwere der Thematik, eignet sich „4 Könige“ vor allem für Jugendliche ab 14 Jahren.
Die Themen, die uns Theresa von Eltz mit ihrem Film mit auf den Wegn gibt, sind vielseitig. Auf der einen Seite geht es um die Definition psychischer Krankheit, denn es sind eigentlich nicht die Kinder, die hier „krank“ erscheinen, sondern ihr (familiäres) Umfeld. Was bedeutet es denn eigentlich, „psychisch“ krank zu sein? Und wer entscheidet, wer eine kranke, wer eine gesunde Seele hat? Zusätzlich und passend zur Jahreszeit motiviert „4 Könige“ zu einer ungewohnt ehrlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Weihnachten. Welchen bitteren Beigeschmack hat das „Fest der Liebe“ vielleicht auch für uns? Wie gehen wir damit um und muss Weihnachten eigentlich immer schön sein?

Kinostart: 3. Dezember 2015
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Das brandneue Testament
Gott lebt in Brüssel. Und er ist ein ziemliches Scheusal. Das ist die recht blasphemische Grundannahme der rabenschwarzen belgischen Komödie „Das brandneue Testament“. Und weil Gott so überaus gemein ist, beschließt seine Tochter Ea wie schon zuvor ihr Bruder J.C. eine Weile unter den Menschen zu leben und ein neues – nein – ein brandneues Testament zu schreiben. Doch bevor sie sich diesem Unterfangen widmet, verschickt sie erst einmal sämtliche Todesdaten per SMS. Das Chaos ist vorprogrammiert.
Dass „Das brandneue Testament“ ein haarsträubendes Gottesbild zeichnet, dass der Film blasphemisch, zuweilen politisch unkorrekt und somit insgesamt diskussionswürdig ist – daran besteht kein Zweifel. Gleichzeitig aber ist „Das brandneue Testament“ voller spannender Denkansätze. Die Unterscheidung zwischen dem „strafenden Gott“ des alten Testaments und seinem für Nächstenliebe stehenden Sohn, kennen schließlich auch wir. Und sind wir nicht manchmal auch ziemlich böse auf Gott, wenn uns mal wieder etwas nicht gelingen will? Denken wir dann nicht auch manchmal, dass er ganz schön gemein ist? Die Veröffentlichung der Todesdaten wiederum formuliert die große Frage, wie wir unser Leben gestalten würden, wenn wir auf die Minute genau wüssten, wann es zu Ende geht. Und schließlich die noch viel spannendere Frage: Wenn wir Zugang zu Gottes Computer hätten, wie würden wir denn die Welt programmieren?
Mit seinem tiefschwarzen, satirischen Humor spricht „Das brandneue Testament“ definitiv ein Publikum an, das bereits über eine kritische Meinung verfügt. Ab etwa 14 Jahren sorgt der Film von Jaco van Dormael sowohl für Lachtränen als auch für eine produktive Auseinandersetzung mit der eigenen Religion.

Kinostart: 3. Dezember 2015
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Sophie-Charlotte Rieger
www.filmloewin.de