Demokratie und Menschenwürde

Resolution der GJW-Bundeskonferenz im November 2023

Mit Sorge nehmen wir im Gemeindejugendwerk wahr, dass immer mehr Menschen in unserem Land rechtsextreme Einstellungen teilen. Antisemitismus, Rassismus, Fremden- und Muslimfeindlichkeit sind weit verbreitet, Tendenz steigend. Die aktuelle „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt dies mit erschreckenden Zahlen1: 16% der Befragten behaupten eine nationale Überlegenheit Deutschlands. Über 6% befürworten eine Diktatur mit einer einzigen starken Partei und einem Führer für Deutschland. Fast genauso viele unterscheiden zwischen „wertvollem“ und „unwertem“ Leben. Das sind Positionen, wie sie auch aus der AfD heraus geteilt werden, einer Partei, die in den letzten Landtagswahlen in Bayern drittstärkste und in Hessen sogar zweitstärkste Kraft wurde.

Die vielfältigen Krisen in unserer Welt führen zu großen Flucht- und Migrationsbewegungen: Kriege und Terror in der Ukraine, im Nahen Osten und auf dem afrikanischen Kontinent, Armut und Hunger im globalen Süden, die weltweite Klimakatastrophe. Aktuell kommen verstärkt Angriffe auf jüdische Einrichtungen und jüdische Mitbürger*innen hier in Deutschland dazu. Auf solche Krisen und Veränderungen mit Ablehnung, Hass, Spaltung und Ausgrenzung zu reagieren, hat sich nicht nur in der Vergangenheit als katastrophal erwiesen. Es widerspricht auch unserem christlichen Glauben, der Aufforderung unseren Nächsten in Liebe zu begegnen und dem Bekenntnis, dass alle Menschen als „Ebenbilder Gottes“ geschaffen sind (Gen 1,27).

Als Baptist*innen stehen wir in einer langen demokratischen Tradition, der wir uns verpflichtet wissen. „Die frühen Baptisten entwickelten ihre demokratische Ordnung aus der Bibel, und zwar lange bevor sich demokratische Ideen auch im politischen Leben der westlichen Welt durchsetzten.“2 Deshalb fordern wir alle Gemeinden in unserem Bund und insbesondere alle Mitarbeitenden in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen auf, sich noch mehr und engagierter als bisher für die Stärkung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und für die Achtung der Würde aller Menschen einzusetzen.

Dies kann in Gottesdiensten und Predigten, in Gruppenstunden und anderen Aktivitäten geschehen. Vor allem aber geschieht es in der persönlichen Haltung, die wir in Gesprächen in unserem Umfeld, in unserem öffentlichen Engagement vor Ort, im interreligiösen und interkulturellen Dialog und in unseren Social-Media-Aktivitäten an den Tag legen. Und es geschieht durch unsere Teilnahme an Wahlen. Im Blick auf die 2024 anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament und zu den Landtagen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen halten wir fest: Rechtsextreme wählt man nicht!

 

[1] Andreas Zick / Beate Küpper / Nico Mokros, Die distanzierte Mitte. Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2022/23. Herausgegeben für die Friedrich-Ebert-Stiftung von Franziska Schröter. Bonn 2023. (https://www.fes.de/referat-demokratie-gesellschaft-und-innovation/gegen-rechtsextremismus/mitte-studie-2023)

[1] Martin Rothkegel, „Jede Gemeinde muss sich selbst regieren“. Christokratie und Demokratie im Baptismus. In: Themenjahr 2021 – gewagt! gemeinsam leben | Gleichheit – Verantwortung – Autonomie, Kassel 2021, 19. (https://taeuferbewegung2025.de/wp-content/uploads/gewagt-gemeinsam-leben-Themenjahr-2021.pdf)