Empfehlenswerte Kinderbibelsn

Von Hélena Noß  |  Erschienen in HERRLICH 02|2024, Seiten 40-43  |  11:34 MIN   

Kinderbibeln. Ich selbst besitze drei. Und auch, wenn ich nicht zur primären Zielgruppe zähle, gehören sie in mein Bücherregal und werden vor allem im Rahmen meiner Arbeit immer mal wieder zur Hand genommen. Mein Favorit darunter ist die, die ich aus meiner eigenen Kindheit kenne: die Neukirchener Kinder-Bibel. Zum einen, weil mir die darin enthaltenen Bilder des Künstlers Kees de Kort so sehr vertraut sind. Zum anderen, weil mir die Auswahl der biblischen Texte und der Erzählstil gefallen. Die Inhalte dieser Kinderbibel orientieren sich stark an den Bibeltexten einer vollständigen Bibel und sind dennoch kindgemäß in einfache, bildhafte Sprache übersetzt. Gut geeignet zum Vorlesen und zum gemeinsamen Entdecken der Bibel mit Kindern.

Und obwohl sie zu meinen favorisierten Kinderbibeln gehört, ist sie nicht diejenige, die ich allgemein empfehlen würde, würde man mich um Rat bitten. Gerade für sehr kleine Kinder sind die Texte noch zu lang und zu komplex, um sie zu verstehen, und durch die nur sparsam enthaltenen Bilder und den speziellen Stil des Künstlers zählt sie nicht gerade zu den Büchern, die auch ohne Textverständnis Geschichten erzählen.

Ein Glück, dass das Angebot an Kinderbibeln nicht auf die drei in meinem Bücherregal beschränkt ist. Im Gegenteil. Der Buchmarkt ist nahezu unüberschaubar. Allein im SCM-Shop findet man in der Kategorie „Kinderbibeln“ 242 Angebote (www.scm-shop.de). Darunter die verschiedensten Ausführungen: Kinderbibeln zum Anschauen, zum Vorlesen, zum Selbstlesen, zum Entdecken, zum Mitmachen, zum Ausmalen, mit Wimmelbildern, mit Knisterseiten, mit Seiten für kleine Hände, mit 5-Minuten-Geschichten, mit Gute-Nacht-Geschichten, mit Feste-im-Jahreskreis-Geschichten, mit Abenteuer-Geschichten, mit den 10 / 20 / 30 schönsten, wertvollsten, spannendsten Geschichten der Bibel.

Die Bibel ist nicht nur in ihrer Vollversion das am meisten übersetzte Buch der Welt. Auch in die Sprache der Kinder wurde sie bereits unzählige Male übersetzt. Und das ist gut so. Denn das Anliegen dahinter besteht darin, möglichst vielen Kindern jeden Alters und jeder Entwicklungsstufe einen Zugang zur Bibel zu ermöglichen. Durch eine reduzierte Auswahl biblischer Texte und Erzählungen, einen altersgerechten Wortschatz und Sprachstil sowie eine ansprechende Aufmachung mit farbenfrohen Illustrationen, soll die so komplexe Geschichte Gottes mit seinen Menschen für Kinder verstehbar gemacht werden. Kinderbibeln wollen Kinder einladen, Gott zu entdecken, und helfen zu verstehen, wer Gott ist und für sie in ihrem Alltag sein möchte. Darüber hinaus können Kinderbibeln Erwachsene darin unterstützen, Kinder mit dem christlichen Glauben vertraut zu machen und mit ihnen über Gott ins Gespräch zu kommen.

Kinderbibeln sind also mehr als schöne Bücher für Kinder. Sie können Wegbegleiterinnen oder Brücken sein in eine Beziehung mit Gott. Umso wichtiger, dass für jedes Kind eine Bibel gefunden werden kann, die zu ihm oder ihr passt.

Womit wir wieder bei dem unüberschaubaren Angebot wären. Welche Bibel zu welchem Kind passt, kann sehr individuell sein. Dennoch gibt es ein paar Kriterien, an denen man sich orientieren kann.

 

Die Zielgruppe

Für wen wird gesucht? Kind ist nicht gleich Kind! Das Alter, der Entwicklungsstand und die persönlichen Interessen beeinflussen, wovon sich Kinder angesprochen fühlen. Bei der Auswahl einer Kinderbibel sollte also im besten Fall das Kind als Individuum, mindestens aber sein Alter und Entwicklungsstand berücksichtigt werden. Je nachdem kann eingeschätzt werden, wie viel Text eine Kinderbibel braucht; ob sie vor allem zum Anschauen, zum Vorlesen oder zum Selberlesen eingesetzt werden soll. Für jüngere Kinder eigenen sich Bibeln mit vielen Bildern und kurzen Texten, während ältere Kinder spannende Erzählgeschichten bevorzugen.

 

Das Erscheinungsbild

Der erste Eindruck ist wichtig. Bereits das Format, der Titel und die Illustration können darüber entscheiden, ob wir Lust haben, ein Buch in die Hand zu nehmen und hineinzuschauen oder nicht. Die Auswahl ist groß genug, um dabei wählerisch zu sein. „Gefällt mir, was ich sehe? Spricht es mich an? Ist es ansprechend für Kinder?“, dürfen also erste Leitfragen sein.

Neben der Optik sollte auch das Format passend sein. Sucht man für Kleinkinder, eignen sich Bücher, die Kinderhände gut greifen können, nicht zu groß und nicht zu schwer, mit dicken Seiten zum Selberblättern.

Für erwachsene Begleitpersonen können ergänzende Informationen im Text, in Randspalten oder im Anhang hilfreich sein, um auf Fragen der Kinder besser antworten zu können.

 

Die Illustration

Vor allem für Klein- und Grundschulkinder, die selbst noch nicht lesen können, ist die Bebilderung der biblischen Texte von großer Bedeutung. Bilder wirken meist schneller als Text und hinterlassen einen stärkeren Eindruck bei den Kindern. Durch ansprechende Bilder werden sie eingeladen zu verweilen, Details zu entdecken, Fragen zu stellen, das Dargestellte fantasievoll zu ergänzen.

Ob Bilder gefallen, ist Geschmackssache. Allerdings gibt es ein paar Fragen, die man sich bei der Wahl einer Kinderbibel bezüglich der Illustration stellen kann:

1. Welche Funktion haben die Illustrationen?
Wiederholen oder ergänzen die Bilder das Erzählte visuell? Wird eine Szene bewusst in den Fokus gerückt oder gibt es verschiedene Details, die entdeckt werden können? Regen die Illustrationen dazu an, tiefer in die Geschichte einzutauchen und Fragen zu stellen?

2. Nehmen die Illustrationen Bezug auf die Lebenswelt der Kinder?
Sind Erwachsene oder Kinder die Protagonist*innen der Geschichte? Wie vielfältig werden Personen dargestellt? Haben Kinder die Möglichkeit, sich mit den Figuren zu identifizieren und auf diese Weise in die Geschichte einzutauchen? Welche Rolle spielen Tiere in den Illustrationen?

3. Wie werden Menschen und insbesondere Jesus dargestellt?
Sind die Figuren klischeehaft oder vielfältig dargestellt? Wird ein emotionaler Zugang durch sichtbare Gefühle unterstützt? Wie nahbar erscheint Jesus? Ist es gelungen, ihn als Gottessohn aus der Masse hervorstechen zu lassen und gleichzeitig als vertrauenswürdigen Mensch unter Menschen darzustellen?

4. Wie werden Gewalt und Tod dargestellt?
Werden problematische Gewaltszenen abgebildet oder werden Geschichten wie beispielsweise die kriegerische Begegnung zwischen David und Goliath und der Kreuzestod Jesu dem Alter entsprechend verträglich bebildert?

 

Die Textauswahl

Hier gehen die Meinungen wohl am weitesten auseinander. Welche biblischen Texte sind die „wichtigsten“? Was muss drin sein? Was darf fehlen? Klar ist: an eine Kinderbibel kann nicht der Anspruch der Vollständigkeit im Vergleich zu einer Vollbibel erhoben werden. Da die Textauswahl aber auch dazu beiträgt, welches Gottes-, Jesus-, Menschen- und Weltbild vermittelt wird, dürfen an dieser Stelle ein paar kritische Fragen gestellt werden:

  • Werden Texte aus dem Alten und Neuen Testament gleichermaßen berücksichtig?
  • Befinden sich neben Erzählungen auch andere biblische Textformen wie beispielsweise Psalmen oder Briefe in der Auswahl?
  • Wird ein umfassendes Bild von Gott gezeichnet? Wird sein Wesen erkennbar?
  • Werden Geschichten von Männern, Frauen und Kindern erzählt?
  • Ist die Auswahl altersentsprechend ausreichend und nicht überfordernd?

 

Der Erzählstil

Da Kinderbibeln in erster Linie Kinder ansprechen sollen, sollten auch Sprache und Erzählstil an die jeweilige Zielgruppe angepasst sein. Dabei gilt: Je jünger die Zielgruppe, desto einfacher sollte die Sprache sein. Kurze Sätze und direkte Rede können Kleinkindern helfen, den Erzählungen zu folgen und die Inhalte zu verstehen. Auch für Erstleser*innen ist wichtig, dass auf komplexe Satzkonstruktionen verzichtet und ein gut lesbares Schriftbild gewählt wird. Für ältere Kinder dürfen es auch komplexere Texte und Erzählungen sein. Trotz der altersgerechten Leichtigkeit sollten die Texte nicht an Spannung verlieren, um Hörende und Lesende zu begeistern.

Vielleicht etwas schwieriger zu beurteilen, aber nicht unwichtig ist in Bezug auf den Erzählstil die Frage, ob Kernthemen trotz der kindgerechten Sprache theologisch korrekt dargestellt werden und Erzählungen nah an der biblischen Vorlage bleiben oder einem freien Erzählkonzept folgen. Ein Vor- oder Nachwort in der jeweiligen Kinderbibel kann aufschlussreich sein.

 

Empfehlungen

„Die eine“ Kinderbibel zu empfehlen fällt schwer. Dafür ist die Auswahl zu groß und die Zielgruppe sowie das Anliegen sind zu entscheidend. Empfehlenswert ist, mindestens im Laufe der Entwicklung mehrere Kinderbibeln zu besitzen – auch, um unterschiedliche Stile, Geschichten und Bilder kennenzulernen und diese miteinander zu vergleichen.

Meine kleine Bibel (Deutsche Bibelgesellschaft)

  • für Kleinkinder
  • Pappbilderbuch mit dicken Seiten zum Selberblättern
  • ansprechende, farbenfrohe Bilder zum Entdecken, kurze Texte zum Erzählen
  • nur noch gebraucht erhältlich
  • alternativ „Mein kleines Bibel-Bilderbuch“ (DK Verlag)

„Alle Kinder Bibel“ (Neukirchener Verlagsgesellschaft)

  • für Vor- und Grundschulkinder, geeignet zum Vorlesen und zum gemeinsamen Lesen
  • lebendig und kindgerecht nacherzählte Bibelgeschichten
  • liebevoll gestaltete Illustrationen
  • Besonderheiten in der Gestaltung: alternative Darstellung biblischer Figuren (unterschiedliche Körperformen und Hautfarben, mit und ohne Behinderung), Kinder in den Illustrationen sehr präsent, hohes Maß an Identifikationsmöglichkeiten

Die „Einsteigerbibel“ (Deutsche Bibelgesellschaft)

  • geeignet für Kinder, die nicht mehr in Kinderbibeln lesen wollen
  • ausgewählte biblische Texte sind nach kindgerechten Vorgaben übersetzt
  • Kapitel- und Versangaben wie in Vollbibeln
  • zusätzliche Informationen zu Schlüsselbegriffen, die helfen, die Texte und Inhalte zu verstehen