"halb und halb" ist besser als "gar nicht"

Abschlussseminar im Freiwilligendienst

Es hätte so schön sein können: Sommerfeeling, traumhafter Zeltplatz am See, intensive Gemeinschaft, ...

Doch in diesem Jahr ist alles anders und sind wir dankbar, dass wir für das Abschlussseminar im Freiwilligendienst zwei halbe Ersatzveranstaltungen ermöglichen konnten. Zunächst ein paar Tage in Elstal mit Maskenpflicht, erlebnispädagogischer Tour durch Wedding und Schwierigkeiten beim Abstandhalten. Anschließend dann inhaltsvolle online Diskussionen u.a. über Rassismus und Zeit zur persönlichen Auswertung.

Es war sicherlich nicht optimal und doch ein würdiger Abschluss unter Corona-Vorzeichen. Vieles Bewegende konnten wir austauschen und realisieren, wie toll doch das FSJ ist.
Ein großes Lob und wertschätzender Dank geht dabei an die Freiwilligen, die über das Jahr hinweg viele Herausforderungen gemeistert haben! Einiges davon wurde beim Abschlussseminar sichtbar!

Auch für Jana, BFDlerin im GJW NWD, war es eine prägende Zeit. Das gesamte Jahr beschreibt sie wunderbar in der folgenden Geschichte von Hirten und Schafen:

Es war einmal eine Schafherde, die gehörte einem großen Hirten. Er zog jedes Schaf selbst auf und als sie alle herangewachsen waren, gab er sie in die Obhut von zwei Hirtenjungen. Nach ein paar Tagen hatte die Herde die beiden Hirtenjungen sehr liebgewonnen und sie hüteten die Herde achtsam und mit viel Freude.

Eines Tages sagten die Hirtenjungen, der große Hirte habe einen Auftrag für sie. Sie sollen ein besonderes Schaf finden. Es sieht aus wie jedes Schaf, und erkennen können sie es erst, wenn sie es gefunden haben. Ein Jahr ward ihnen gegeben, dann sollen sie alle wiederkehren und von Ihrer Suche und den Erlebnissen erzählen. Also ging die Herde auf die Suche im ganzen Land. Manche ganz allein, manche gingen ein Stück weit zusammen und eine kleine Gruppe blieb ganz beisammen.

Sie gingen an Orte, wo viele unterschiedliche Schafe zu finden waren und ließen sich dort nieder. Sie wurden Teil der neuen Herde und als ein solcher Teil übernahmen sie Aufgaben, um die Gemeinschaft zu unterstützen und zu bereichern. Auf diese Weise lernten sie viele dieser anderen Schafe ganz besonders kennen, schlossen Freundschaften, lernten viel über andere Schafe und ihre Herden und auch immer wieder etwas über sich selbst und ihre eigene Herde dazu. Einige Aufgaben fielen sehr leicht. Sie lagen ihnen einfach und das sah man ihnen auch an. So viel Gutes entstand daraus, doch das meiste davon haben sie nie erfahren, denn es entstand im Verborgenen, sogar für die Betroffenen selbst. In anderen Aufgaben mussten sich die Schafe erst einmal üben und sich ein ums andere Mal auch behaupten und dies gelang ihnen, wie auch mal nicht. Doch auch dabei entstand viel Gutes, wovon das meiste im Verborgenen blieb. Es gab Tage von nie versiegender Energie, an denen es ihnen gut ging und doch kamen sie auch an anderen Tagen kaum auf die Beine. Es gab Freude und schöne Momente, es gab Streit und Selbstzweifel.

Ab und zu nahmen die beiden Hirtenjungen Kontakt zu ihren Schafen auf oder umgekehrt. Auch riefen sie die Herde zwischendurch zusammen, um sie zu zählen, denn manchmal wusste ein Schaf mit einem Mal, dass es einen anderen Weg einschlagen musste und verließ die Herdengemeinschaft. So verging die Zeit und der Auftrag des großen Hirten war bei einigen schon vergessen, während er bei anderen noch einen kleinen Platz im Herzen einnahm. In einer Zeit, in der sich der Lauf der Welt grundlegend verändert hatte, brach dann allerdings vieles auf, was vorher gut verwahrt war. Eine Zeit ohne Nähe. Vieles, was eigentlich Schönes geschehen sollte, wurde an seinem Beginn gehindert und es war, als gäbe es keine Herden mehr, sondern nur Einzelne, die noch nicht gelernt hatten, mit sich selbst zu sein. Die Zeit verlangte viele Tränen und viel Sehnsucht, bedeutete es doch, dass ein Wiedersehen vor der großen Zusammenkunft nicht stattfinden konnte, ja selbst die große Zusammenkunft stand plötzlich in den Sternen.

Auf wunderbare Weise riefen die Hirtenjungen dann aber doch die Schafe zusammen und mit der Zusammenkunft erinnerten sie sich plötzlich wieder daran, wie sich eine Herde anfühlte und wie wertvoll eine solche Gemeinschaft ist. Sie erzählten sich von ihren Erlebnissen in der schweren Zeit und wie sie in Zukunft leben wollten, sie sprachen Ängste, Sorgen und vieles aus, was sie belastet hatte und am Ende wussten sie, dass sie das besondere Schaf gefunden hatten. Ein jeder von Ihnen hatte es gefunden in sich selbst. Geprägt durch ein Jahr, das sowohl Training als auch Balsam war und sowohl schmerzhafte als auch angenehme Formung mit sich brachte. Mit dieser Erkenntnis machten sich die Schafe wieder auf in die Welt, zu ihrem Platz, der sie für die kommende Zeit beherbergen und formen würde in der Hoffnung auf ein Wiedersehen mit der Herde und einem Beutel voll Gelerntem und Sonnenschutz.