Der GJW-Filmtipp im September!

Starke Frauen mit Herz und Verstand

Im GJW-Filmtipp des Monats September geht es um starke Frauenfiguren unterschiedlichen Alters, die die Regeln und Normen ihrer Gesellschaft in Frage stellen, die mutig sind und über sich selbst hinauswachsen. Frauenpower ist angesagt!

Die Biene Maja (Kinostart: 11. September 2014)

Nachdem „Die Biene Maja“ kürzlich ein Serien-Revival erlebte, findet die kecke Biene nun auch ihren Weg auf die Kinoleinwand. Dort wird sie auf Grund ihrer Aufmüpfigkeit aus dem Bienenstock verbannt, vereitelt eine Intrige der königlichen Beraterin und schlichtet einen uralten Streit zwischen Bienen und Hornissen. Bei all dem ist „Die Biene Maja“ ein sehr linear erzählter und bunt inszenierter Kinderfilm für kleine Kinofans im Grundschulalter.
Doch platt ist „Die Biene Maja“ trotz des jungen Zielpublikums ganz und gar nicht. Die Geschichte ist reich an Anknüpfungspunkten. Im Zentrum steht der ewige Streit zwischen Hornissen und Bienen, die sich gegenseitig als Bedrohung empfinden, ohne so recht zu wissen warum. Der Konflikt der beiden Insektenrassen kann somit stellvertretend für reale Kriegssituationen mit hoffnungslos verhärteten Fronten gesehen werden. Wie kommt es eigentlich bei so viel Ähnlichkeit der beiden Insektenarten zu so viel irrationalem Hass und warum kann dieser so lange fortbestehen? Wie kann Versöhnung und eine Wiederannäherung stattfinden? Maja übernimmt in diesem Kontext die Rolle der Zweiflerin, die sich nicht mit althergebrachten Erklärungen und Vorurteilen abspeisen lassen will, sondern lieber selbst in die Welt hinausfliegt, um sich ein Bild zu machen. Selbst zu denken ist anstrengend und unbequem, aber oftmals die bessere Entscheidung! Damit geht sie mit positivem Beispiel voran und motiviert das junge Publikum auf kindgerechte Weise es ihr gleich zu tun.

Trailer ansehen >>>




Lola auf der Erbse (4. September 2014)

Lola lebt mit ihrer Mutter auf einem Hausboot. Das ist wohl einer der Gründe, warum ihre Mitschüler_innen sich über sie lustig machen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sich Lola nicht mehr die Haare geschnitten hat, seit ihr Papa die Familie verlassen hat. Doch ihre eigenen Probleme werden plötzlich nebensächlich als sie den kurdischen Jungen Rebin kennenlernt und sich mit ihm anfreundet. Rebins Mutter nämlich ist schwer krank, doch weil sie illegal in Deutschland ist, kann sie nicht zum Arzt gehen. Lola muss dringend etwas unternehmen!
„Lola auf der Erbse“ erklärt auf sehr kindgerechte Art und Weise die Situation illegaler Einwanderer in Deutschland. Anhand von Rebin und seiner Familie bekommen Grundschulkinder, für die dieser Film konzipiert ist, einen Einblick in die sehr spezifischen Probleme und Nöte dieser Bevölkerungsgruppe und können Verständnis dafür entwickeln, was es bedeutet, ein „illegaler“ Mensch zu sein. Denn was heißt das überhaupt? Dabei wird der Film niemals politisch oder moralisierend. Es geht Regisseur Thomas Heinemann nicht um Urteile, sondern um eine Sichtbarmachung. Gerade weil dabei viele Fragen offenbleiben, ist es sinnvoll „Lola auf der Erbse“ mit den Kindern vor- und nachzubereiten, die Situation unterschiedlicher Einwanderergruppen in Deutschland zu besprechen und ausreichend Informationen über die politischen Rahmenbedingungen in Deutschland parat zu haben. Denn „Lola auf der Erbse“ macht neugierig!

Trailer ansehen >>>



Schönefeld Boulevard (Kinostart: 19. September 2014)

Cindy ist in vielerlei Hinsicht ein Klischee. Sie ist übergewichtig, schlecht in der Schule, hat wenige Freunde und lebt am Ostberliner Stadtrand in der Nähe des zukünftigen Flughafens Berlin-Brandenburg. Und so wie der immer noch brachliegt, tritt auch Cindy irgendwie auf der Stelle. Doch dann verleiht ihr die Zufallsbegegnung mit einem finnischen Geschäftsmann ungeahntes Selbstbewusstsein und sie beschließt, ihr Lebensglück selbst in die Hand zu nehmen.
„Schönefeld Boulevard“ ist ein sehr bedrückender Film über ein Mädchen, das von ihren Eltern und Freunden anhaltend erniedrigt wird. Schon allein ihr Name weist Cindy dabei als eine jener Figuren auf, über die wir uns gerne lustig machen. Tatsächlich ist der Film von Sylke Enders bei all seiner Tragik oft auch lustig, konstruiert Cindy jedoch gleichzeitig als einen sehr vielschichtigen, lebensnahen und vor allem liebenswerten Charakter, in den sich der Zuschauer schnell einfühlt. Im Kern ist „Schönefeld Boulevard“ ein Film über eine junge Frau, die sich von diskriminierenden Strukturen ihrer Gesellschaft – insbesondere Körpernormen – emanzipiert und zu Selbstbewusstsein, (sexueller) Selbstbestimmung und somit Freiheit findet. Anhand des Films lassen sich mit Teenagern ab 16 Jahren Diskussionen über Schönheitsideale und Frauenbilder, aber auch über emotionale Grausamkeit, Mobbing und seelische Misshandlung führen. Unbedingt nachbearbeiten sollte man übrigens die Vergewaltigungsszene am Ende des Films. Nicht weil diese besonders explizit oder schockierend wäre, sondern weil sie eine sehr zweifelhafte Täter-Opfer-Verdrehung nach sich zieht, die unbedingt reflektiert und hinterfragt werden muss.  

Trailer ansehen >>>



Sophie Charlotte Rieger
www.filmosophie.com