Unbekümmert leben – im Kontakt mit Gott

von Evelyn Fillies-Strohm   |  erschienen in HERRLICH 02|2022  | Seiten 42-43  |  3:34 Min

Unbekümmert leben – das riecht und schmeckt nach Urlaub. Meistens an der Ostsee. Sommer, Sonne. Kilometerlanger weißer Strand. Den ganzen Tag draußen sein. Schwimmen im Meer, der Sonne entgegen. Einfach Zeit haben. Am Strand sitzen und über den Wellen, die kommen und gehen, träumen. Lesen, bis die Sonne wieder aufgeht. Wieviel Uhr es ist, spielt doch keine Rolle. Oder: All-inclusive buchen und genießen. Sich um nichts kümmern. Einkaufen, Essen zubereiten – machen andere für mich. Das Zimmer wird geputzt. Frische Handtücher liegen bereit. Was für ein Luxus! So unbekümmert zu leben, hat viel mit „Verwöhntwerden“ zu tun. 

Warum nur gelingt es mir im Alltag so selten, unbekümmert zu leben?

Da sind die Aufgaben, die ich erledigen möchte. Menschen lassen mich an dem Schweren, das sie erleben und tragen, teilhaben. Die vielen Flüchtlinge, die ich gestern draußen vor dem „Haus der Integration“ gesehen habe, als ich dort vorbeiging. Werden alle Menschen in meiner Gemeinde diesen Winter in einer warmen Wohnung erleben? Wie gerne würde ich die Urlaubsstimmung, Sonne, Wärme und Weite des Sommers einfangen und im Winter großzügig verteilen!

Ist unbekümmert leben also nicht für alle, sondern nur an manchen (Urlaubs-)Tagen möglich? Doch ich möchte nicht bei dieser „Ja-Nein-Vielleicht-Frage-Antwort“ stehen bleiben. Vielmehr interessiert es mich: Wie kann ich meinen Tag unbekümmert beginnen und beenden? Wie kann ich meine Arbeit, mein Leben unbekümmert gestalten?

Es hilft mir, im Laufe eines Tages immer mal wieder innezuhalten und nur an diese Worte zu denken: 

„Unbekümmert leben“ – Einatmen und Ausatmen

Mich immer wieder daran zu erinnern: Da ist einer, der sich liebevoll Tag und Nacht um mich kümmert: Gott. Er kennt meine Sorgen. Trägt meinen Kummer. Und hat Lösungen, die mich immer wieder erstaunen. Vertrauen, Geborgenheit, Hoffnung, eine himmlische Leichtigkeit, eine Art von guter Sorglosigkeit erfüllt mich. Mitten im Alltag. Mitten in den Krisen in meinem Umfeld – und angesichts der Kriege in dieser Welt.

Mit Gott unbekümmert zu leben hat etwas von: Es wird (gut) werden. Ein „wunder-voller“ Perspektivwechsel!

Wann war Jesus, als er hier auf dieser Erde lebte, unbekümmert?

Vielleicht auf der Hochzeit zu Kana – bis der Wein ausging. Dann durfte er wieder handeln bzw. wandeln. Aber vielleicht war, das Wunder zu tun, für ihn unbekümmerter als ich es mir vorstelle? Vielleicht war Jesus unbekümmert, als er tief und geborgen schlief, mitten im Sturm im Boot auf dem See. Bis seine Jünger ihn weckten. Holen Menschen ihn immer wieder aus seinem „Unbekümmert-Sein“ heraus? Oder war „unbekümmert leben“ seine Lebensgrundlage?

Jesus war oft in Aktion: Er heilte, vermehrte Brot und Fische, lehrte. Immer wieder: Anfragen. Anfeindungen. Jesus litt schrecklichste Gottverlassenheit und Schmerzen. Ist sein Leben für mich ein Vorbild für „unbekümmert leben“? Mmh ... Es scheint mir oft so ernst, so schwer. Hat er ein anderes Verständnis als ich?

Mir fehlen die Berichte, dass er einen gemütlichen Abend mit Freund:innen verbrachte. Einfach so – ohne Fußwaschung oder Kopfsalbung. Oder dass er am See saß und träumte. Oder dass er einfach mal so einen Tag oder eine Woche in der Werkstatt von Josef kreativ war. Für den Fall, dass Jesus mit Holz arbeiten mochte.

Vielleicht erkenne ich eine unbekümmerte Leichtigkeit bei ihm, als er auf dem Wasser ging oder sich über die Vögel und die Schönheit der Lilien freute. Weil er wusste: Sein Vater kümmert sich. Um sie wie um alle und alles.

Vielleicht würde Jesus „unbekümmert leben“ so beschreiben: „Unabhängig von den (schweren) äußeren Umständen ein tiefstes Vertrauen zu Gott haben und immer mit Gott in Kontakt sein.“ Sehr inspirierend. 

 

Evelyn Fillies-Strohm ist Pastorin, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Systemische Beraterin. Ihre Lieblingsbeschäftigungen: Lesen, Reisen, Lebensgeschichten hören. Ihr Traum: ein Tiny House am Meer als Zweitwohnsitz.