Von den Gründern lernen

- Kirche 21 auf der Bundesratstagung 2014

Die Kiste in meinem Büro

Die Bundeskonferenz ist geschafft. Die tausend Kisten, Kästen und Boxen, die wir mit nach Kassel genommen haben, sind wieder gut zu Hause angekommen, entleert und der Inhalt am rechten Ort verstaut. Alle Kisten, bis auf eine. Sie steht auf dem Fußboden in meinem Büro und lacht mich an. Ich habe einfach noch nicht den rechten Moment gefunden, um mich ihrer anzunehmen. Die Zeit war zu knapp und ihr Inhalt zu wichtig ...

"... hier und jetzt im 21. Jahundert, jeder an seinem Ort – das war das Ziel."

Normalerweise sind wir von Kirche 21 bekannt dafür, dass wir zukunftsorientiert sind und uns Gedanken darüber machen, wie wir Gemeinden dabei helfen können, sich gegenwartsrelevant zu verhalten und innovativ zu arbeiten. Manch einem (oder einer) sind wir sogar zu visionär, zu abstrakt, zu theoretisch. Umso verwunderlicher erschien es vielleicht, dass gerade Kirche 21 auf der Bundesratstagung mit dem Thema Gründer:zeit (Gemeinden neu gründen, neue Gemeinden gründen) ein Forum mit dem Titel „Von den Gründern lernen - Die befreiende Kraft der Baptist Principles“ angeboten hat: 
Nicht den Blick nach vorn auf emergente Gemeindetrends, sondern zurück auf das, worauf sich der Baptismus aufbaut. Nicht das Neue, „Noch-nie-dagewesene“ suchen, sondern das Alte,‚Bereits-erprobte‘ und ‚Über-die-Jahrhunderte-bewährte‘ in den Mittelpunkt rücken. 
Aber warum?!

Die Antwort ist einfach: Die Baptist Principles beschreiben die grundlegenden Überzeugungen der Baptisten weltweit. Sie sind in der Gründungsphase des Baptismus im Kampf um Glaubens- und Gewissensfreiheit entstanden. Sie haben das Zeug, uns auch heute zu inspirieren und das „Frei“ in Freikirche neu zu verstehen. 
Wissen, woher wir kommen, um dann besser bestimmen zu können, wohin wir wollen, so war unser Forum aufgebaut. Den Teilnehmern die Möglichkeit zu geben, sich neu davon überzeugen zu lassen, wie wunderbar es ist, Baptist zu sein; sich von den Anfängen unserer Glaubensgemeinschaft inspirieren und herausfordern zu lassen, um dann gemeinsam darüber nachzudenken, wie wir dieses Abenteuer nun weiterleben können – hier und jetzt im 21. Jahrhundert, jeder an seinem Ort – das war das Ziel.

Nichts Abstraktes, nichts Theoretisches, nichts Abgehobenes, sondern das ganz praktische Bestreben danach zu verstehen, wer wir als Baptisten sind und wie wir unseren Beitrag hier auf Erden am Reich Gottes beisteuern können.

Mit den auf dem gleichnamigen Kirche 21-Thinktank neu formulierten Baptist Principles als Diskussionsgrundlage hatten die Teilnehmer des Forum III die Chance, sich mit der historischen Basis auseinanderzusetzen, um anschließend ihre eigenen Gedanken und Wünsche für den Baptismus im 21. Jahrhundert zu formulieren.

"Ich wollte Ihnen nur sagen: Sie sind toll!"

Mit der Schere in der Hand öffne ich nun vorsichtig die Kiste auf meinem Fußboden im Büro. Etliche Hoffnungen, gute Gedanken und Wünsche flattern mir entgegen. Alle von Frauen und Männern geschrieben, die mit Leib und Seele Baptisten sind.

Doch ganz oben auf eine Karte, die nicht zu unserer Aktion dazu gehörte. Hat da jemand nicht aufgepasst?!
‚Hallo, ich wollte Ihnen nur sagen: Sie sind toll! Vielen Dank und einen schönen Tag! Bitte beweisen Sie Umweltbewusstsein und geben Sie diese Karte an die nächste tolle Person weiter, der Sie begegnen! www.sie-sind-total-toll.de‘
Na, da hat es sich doch tatsächlich gelohnt, die Kiste in Ruhe aufzumachen! ;o) Vielen Dank an die unbekannte Person, die damit unseren Tag ungemein bereichert hat.

Hier nun ein kleiner Einblick, was da sonst noch so in der Kiste war. Unter der Überschrift ‚Dem Baptismus des 21. Jahrhunderts wünsche ich:‘ sind die folgenden Gedanken entstanden.

Dem Baptismus des 21. Jahrhunderts wünsche ich:

  • Gemeinden, wo Christen gerne hingehen. Gemeinden, zu denen Nichtchristen sagen: Das ist klasse, da will ich mit dabei sein! Gemeinden, die gefragt sind und werden, und Antworten geben, wo Leben dahinter  steht. Hoffentlich erfüllt sich das nicht nur dann, wenn uns eine gute Fee begegnet, die uns 3 Wünsche schenkt, sondern einfach so. Mit Gott-für Menschen-in-unserer-Welt.
  • Die christliche Freiheit zu suchen und auch dem Anderen zuzugestehen, selbst in der Ablehnung meiner Erkenntnisse.
  • dass wir Taufe als Geschenk Gottes neu entdecken. Taufe ist mehr als ein Ritual, um Mitglieder aufzunehmen. Taufe ist Gottes Handeln am Menschen und Menschenentscheidung, Gott Raum zu geben.
  • Mut zur Vielfalt!
  • eine enge Liebesbeziehung zum auferstandenen Jesus Christus!
  • Offenheit, Neues zu denken, und Mut, Neues zu tun.
  • dass wir einander den Glauben glauben! Und lernen, dass es nicht immer ein Richtig und Falsch gibt.
  • Eine bundesweite Aktion starten: “Unsere Grundsätze“ mit Material für Gottesdienste und Gruppen. Einrichtung eines festen „Baptist-Principle-Day“
  • dass wir uns für die Freiheit aller einsetzen, indem wir uns dafür einsetzen, dass die Kluft zwischen arm und reich nicht noch größer wird.

Ein Artikel von Sam Mail