Gruppenbild Women in Leadership Retreat

EBF Women Leaders‘ Retreat

25.-28.03.2019 | Kroatien

Zagreb Flughafen. Die Sonne scheint. Ein leichter Wind kommt auf. Ich sitze in einem Café und warte auf meinen Flug nach Hause. Drei volle Tage liegen hinter mir. Drei Tage, die aus ganz unterschiedlichen Gründen noch lange in mir nachhallen werden.

Ich merke, wie unsortiert und gemischt meine Gedanken und Gefühle sind. Die breite Palette von Freude, Dankbarkeit, Trauer, Betroffenheit und Ärger – ein wahres Wechselbad der Emotionen. 

Hinter mir liegt eine intensive Zeit mit 16 anderen Frauen. Frauen, die ich bis vor Kurzem noch gar nicht kannte, aber denen ich mich nun von Herzen verbunden fühle. 

16 Baptistinnen aus den unterschiedlichsten Ecken Europas.
16 Nachfolgerinnen Christi. 
16 Frauen, die in ihren Ländern, in der EBF, in der BWA irgendeine Form von Verantwortung übernommen haben, ihren Kontext mitzugestalten, weil sie Gott lieben und sich als Christinnen zutiefst berufen fühlen.

Frausein ist dabei nur ein Nebenschauplatz, der aber immer wieder – mal offensichtlicher, mal versteckter – zum Thema gemacht wird. Und das ist nicht immer einfach.

Egal, ob Generalsekretärinnen, Direktorinnen Theologischer Fakultäten, Pastorinnen, Professorinnen, Präsidentinnen oder Referentinnen, sie alle sind in Crikvenica zusammengekommen, um sich auszutauschen, um Fragen und Frustrationen auf den Tisch zu bringen, um zu ermutigen und ermutigt zu werden.

Was sie vereint, ist die Suche nach einem guten, heilsamen, gemeinsamen Weg nach vorne. Die Suche auf die Antwort der Frage: Wie können alle Menschen – Frauen und Männer gleichermaßen – ihren Platz in der Gemeinde, im Königreich Gottes hier auf Erden finden und ausüben? Wie kann die Frage der Gleichberechtigung so diskutiert und neu gedacht werden, dass sich alle Seiten gehört und verstanden fühlen und dass am Ende Chancengleichheit und Freiheit für alle dabei herumkommen?
Wie kann es zu einer Selbstverständlichkeit werden, dass Frauen in Führungspositionen nicht mehr in der Minderheit sind? 

In diesen gemeinsamen Tagen wird gelacht, diskutiert, geweint, theologisch gearbeitet und ausgetauscht. Erfolgsgeschichten von 100 Jahren Frauenordination in Großbritannien stehen neben ganz persönlichen Geschichten von Hassmails und Briefen, die den Betroffenen den Glauben und das ewige Leben absprechen. (Diese Geschichten werden leider viel zu oft und von viel zu vielen der Teilnehmerinnen erzählt.)

Die Frauen, denen ich hier begegne, sind müde und mutig zugleich. Sie sind engagiert, motiviert, klug und witzig. Manchmal sind sie aber auch ein bisschen desillusioniert. Sie tragen die Narben von längst noch nicht überstandenen Kämpfen. Sie sind verärgert und traurig darüber, dass das ‚Frauenthema‘ immer noch ein Thema ist. Manche von ihnen gehen zurück nach Hause in einen Kontext, wo sie nichts über die Erfahrungen der letzten Tage öffentlich berichten dürfen. Das macht betroffen und erschüttert mich. Am Schluss sprechen aber alle davon, dass sie auf‘s Neue ermutigt heimkehren, sich weiterhin für die Chancengleichheit von Frauen im Baptismus einzusetzen.

Ich auch.

Wenn ich über das Gehörte, Erlebte und Geteilte nachdenke, merke ich, wie sehr ich es liebe Baptistin zu sein, wie dankbar ich für meine Rolle im GJW bin. Ich merke, wie sehr ich unseren Bund schätze und wie sehr ich mir eine Kirche wünsche, in der meine drei Töchter eines Tages gemeinsam mit anderen Frauen und Männern in der Realität leben können, von der Paulus schon in seinem Brief an die Galater sprach:

Hier gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Juden und Griechen, zwischen Sklaven und freien Menschen, zwischen Mann und Frau. Denn durch eure Verbindung mit Jesus Christus seid ihr alle zusammen ein neuer Mensch geworden. (Gal. 3.28)

Ich für meinen Teil habe beschlossen, mich weiterhin für Chancengleichheit zu engagieren: Im GJW, in unserem Bund, mit jungen Menschen, mit meinen eigenen Kindern. Und ich freue mich über alle, die sich mit mir zusammen auf die Reise macht und sich nicht von den schwierigen Fragen und Herausforderungen rund um dieses Thema abhalten lassen. 

Ein Artikel von Sam Mail