Blade Runner 2049

Die GJW-Filmkritik im Oktober

Worum geht’s?

30 Jahre nach den Ereignissen von „Blade Runner“ ist die Erde immer noch ein dystopischer und düsterer Ort. Die „Replikanten“, künstliche Menschen, stehen auf der Abschussliste und werden nach wie vor von sogenannten „Blade Runnern“ gejagt. K (Ryan Gosling), selbst ein Replikant neuerer und gefühlskälterer Generation, ist einer von ihnen und geht seiner Tätigkeit mit dem notwendigen blinden Gehorsam nach. Doch ein Knochenfund am Ort seines letzten Einsatzes lassen K zweifeln – nicht nur an seinem Auftrag, sondern vor allem an sich selbst. Auf der Suche nach der Wahrheit wird der Replikant vom Jäger zum Gejagten.

Für wen ist der Film?

Wie schon die 80er-Jahre-Version zeichnet „Blade Runner 2049“ eine postapokalyptische Zukunftsvision, die von Gewalt durchsetzt ist. Auch wenn diese nicht voyeuristisch ausgeschlachtet wird, sondern zur Illustration einer Weltuntergangsstimmung dient, sind die Bilder gefühlskalter Brutalität nicht für ein Kinderpublikum geeignet.  Zudem richtet sich der Film an Publikum, das sich auch ohne klassische Spannungsdramaturgie für die komplexe und dichte Handlung begeistern kann. Mit einer Laufzeit von 2,5 Stunden ist „Blade Runner 2049“ ein durchaus anspruchsvolles Kinoerlebnis.

Worum geht’s wirklich?

Was ist eine Seele? Ist es vielleicht die Vergänglichkeit selbst, die uns zu Menschen macht? Wie viel freien Willen darf oder kann eine Schöpfung ihrem Schöpfer gegenüber beanspruchen, und wie viel Macht darf jener wiederum ausüben? „Blade Runner 2049“ legt den Finger in die Wunde unserer Allmachtsfantasien und stellt die Unterscheidbarkeit von „künstlichem“ und „natürlichem“ Leben in Frage: Kann ein Computerprogramm lieben? Ist ein Replikant weniger „echt“ und ergo weniger „wert“ als ein Mensch? Wenn wir künstliche Intelligenz erschaffen, haben wir dann automatisch das Recht, über ihre Existenz zu bestimmen? Gleichzeitig setzt der stark von religiösen Motiven durchzogene Science Fiction Film nicht nur das Wunder an sich, sondern auch den Glauben daran ins Zentrum seiner Definition von Seele. „Die neuen Modelle laufen nicht weg“, sagt ein Replikant kurz vor seiner Hinrichtung, „weil sie noch nie ein Wunder gesehen haben.“ Er jedoch besitzt etwas, für das es sich zu kämpfen lohnt: Die personifizierte Hoffnung auf eine bessere Welt. „Blade Runner 2049“ erzählt jedoch weniger die Geschichte einer solchen Messias-Figur als die einer Bekehrung und bietet damit Anknüpfungspunkte für Gespräche über unsere eigenen Glaubenswege. Der religiöse Subtext besitzt hier aber auch kritische Züge, bietet der Glaube an eine neue, bessere Welt den Figuren in der Geschichte doch auch die Rechtfertigung für Krieg und Blutvergießen. Gibt es so etwas wie einen gerechten Krieg? Ist die Gewalt der Unterdrückten besser als die der Unterdrücker? Nicht zuletzt wirft der Film auch Fragen auf, die uns dieser Tage, insbesondere aber seit der Bundestagswahl, besonders umtreiben. Warum sehnen sich viele Menschen so stark nach der Abgrenzung vom „Anderen“? Es sei gerade die klare Unterscheidbarkeit von Mensch und Replikant, die – so K’s Vorgesetzte – die Welt in der Balance hält. Was jedoch fordert uns so sehr daran heraus, andere Religionen, Kulturen und Menschen als unseresgleichen zu akzeptieren und zu respektieren? Machen Grenzen die Welt wirklich zu einem sichereren Ort, und falls nicht, wie können wir sie überwinden?  

Sophie Charlotte Rieger  

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